Die Orgel der Stadtkirche Durlach hat eine lange Geschichte:
Im Jahr 1755 beauftragte der Rat der Stadt Durlach die schon damals hochberühmten Hunsrücker Orgelbauer Johann Philipp und Johann Heinrich Stumm mit dem Bau einer neuen Orgel. Der Vertrag wurde von Markgraf Carl Friedrich genehmigt. Die Orgel hatte, auf drei Manuale verteilt, 39 Register. Für die Orgeleinweihung, die am 1. Sonntag nach Epiphanias 1759 stattfand, an der Markgraf Carl Friedrich teilnahm und Stadtpfarrer Posselt die Predigt hielt, hat Hofkapellmeister Molter die Musik komponiert und aufgeführt.
Als die Stumm-Orgel dem auf orchestrale Klangwirkungen bedachten Geschmack des 19. Jahrhunderts nicht mehr genügte, legte der bedeutende Durlacher Orgelbaumeister Heinrich Voit im Jahr 1894 Pläne für einen Neubau vor. Das Instrument sollte 40 Register erhalten und 17.000.- RM kosten. Glücklicherweise beschlossen Orgelbauer und Gemeinderat, den barocken Prospekt und das alte Gehäuse beizubehalten. Das 1895/96 als opus 851 erbaute Instrument erhielt einen freistehenden Spieltisch, der dem Organisten den Blick zum Altar ermöglichte. Als 1917 überall in Deutschland Orgelpfeifen zu Kriegszwecken eingeschmolzen wurden, sollten auch die 108 Prospektpfeifen der Stumm-Orgel geopfert werden. Durch Intervention von Orgelbauer Voit und Seminarlehrer Zureich wurden die Stummschen Pfeifen vor dem Einschmelzen gerettet.
Ab 1960 war die Orgel so verbraucht, dass das gesamte Orgelinnere neu gebaut werden musste. Die von der Firma Oberlinger im neobarocken Stil renovierte Orgel wurde am Palmsonntag 1968 eingeweiht. Von Anfang an gab das Instrument Anlass zu ständigem Ärger. Handwerkliche Mängel führten dazu, dass konzertantes Orgelspiel unmöglich, gottesdienstliches Orgelspiel nur noch sehr eingeschränkt möglich war.
Im Jahr 1993 entschloss sich der Kirchengemeinderat zu einer umfassenden Orgel-Erneuerung. Das Ziel war ein langlebiges, handwerklich hochwertiges Instrument, dessen historische Substanz sorgfältig restauriert und stilgerecht ergänzt werden sollte. Deshalb erhielt die für hervorragende Instrumente bekannte Orgelbaufirma Goll in Luzern Ende 1994 den Auftrag für die Erneuerung der Orgel. Sie umfasst nun 41 Register auf 3 Manualen. Drei Stumm-Register und fünf Voit-Register wurden aus der alten Orgel übernommen, 33 Register wurden neu gebaut. Spieltisch, Trakturen, Windladen, Balganlage und Schwellwerkgehäuse sind ebenfalls neu. Die nicht wieder verwendeten Pfeifen, Windladen und Gehäuseteile der Oberlinger-Orgel gingen nach Vilnius, um dort in eine neu zu bauende Orgel integriert zu werden.
Die Stumm/Goll-Orgel wurde am Sonntag, dem 19. Dezember 1999 in einem Festgottesdienst eingeweiht.
Dieser Beitrag ist die Kurzfassung eines Artikels des damaligen Stadtkirchenkantors Hans Martin Corrinth, welchen er für die Festschrift anlässlich der Orgeleinweihung im Jahr 1999 verfasste. In dieser finden Sie zusätzlich alle Dispositionen (Stumm, Voit, Oberlinger, Goll) und zahlreiche Abbildungen. Außerdem einen Beitrag zur Neukonstruktion durch die Firma Goll.